
Scheint eine echte Herausforderung zu sein, in heutigen Zeiten von seinem Licht zu erzählen. Ist es nicht völlig „aus der Zeit gefallen“, an ihn und seine liebende Präsenz zu glauben?
Kommt da nicht schnell die Frage auf, wo Gott denn sei und wie er das Elend in aller Welt zulassen könne?
Dazu ein paar Gedanken:
- Das Elend, das wir um uns herum und in der Welt sehen und erleben, ist nicht Gott-gemacht, sondern von uns Menschen in die Welt gebracht.
Die Gründe dafür liegen oft schon Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte zurück und werden von Generation zu Generation weitergetragen – im kleinen wie im großen Weltengefüge.
Machtansprüche, Mangelgefühle, Angst vor seelischen und körperlichen Verletzungen, Angst davor, nicht gut genug zu sein … die Liste ist beliebig lang.
Ob zu Hause, in der Nachbarschaft, im Dorf, der Stadt, im Land, zwischen Ländern oder Religionsgemeinschaften … Die Schauplätze scheinen austauschbar. Das Miteinander ist nur allzu oft von diesen kleinen und großen Machtkämpfen und der Angst davor, zu unterliegen und etwas „zu verlieren“, geprägt. - Wenn stimmt, dass die Gründe für unser Verhalten in tief verborgenen Verletzungen liegen und diese ungehindert wirken, solange wir uns nicht mit unseren Schatten befassen, nicht in unsere dunklen Keller hinabsteigen und das aufdecken, was dort mitunter seit Ewigkeiten schlummert, dann gibt es nur einen Weg.
Das erfordert Mut und einen, der Licht macht.
Erst wenn wir uns unsere Ängste anschauen, sie nicht mehr wegdrücken, sondern verstehen, warum sie entstanden sind, können wir auch die damit verbundenen Glaubenssätze verstehen und auflösen. Dann wird der Blick frei und wir sehen, wer wir eigentlich wirklich sind, was alles in uns steckt, dass wir nichts zu verlieren haben. Erst dann kann es heller werden, weil wir unser eigenes Licht erkennen.
Zunächst flackert es zaghaft in uns, dann immer heller und weiter aus uns herausstrahlend auch im Außen. - Dieser Weg wird meist erst dann in Gang gesetzt, wenn alles, worauf wir uns bis dahin als Schutz vor der Angst verlassen haben, nicht mehr funktioniert: arbeiten, arbeiten, arbeiten, das neue Auto, das größere Haus, der gewonnene Machtkampf mit dem Nachbarn, der Alkohol, der kurzfristig das Hirn vernebelt, Schutzmauern um uns herum, Ablenkung und Applenkung .
- Wenn all das den Schmerz nicht mehr vertreiben kann, alles dennoch dunkel und sinnlos erscheint, glimmt, wenn wir genau hinschauen, dennoch ein kleines Licht in uns: Ein Buch, das uns in die Hände fällt, ein gutes Wort von jemandem bei Einkaufen, ein Liedtext und berührende Musik, … etwas geht mit uns in Verbindung, wenn wir es zulassen. Manche nenne es Zufall, ich nenne es Gottes Kommunikationswege.
Dieses kleine Licht sagt uns, dass alles, was wir bisher geglaubt haben, so nicht stimmt. Die Angst verliert ihren Schrecken und kann tun, was eigentlich ihre Aufgabe ist – uns vor Gefahr (vor echter Gefahr) zu warnen.
Wir können die alten Mauer durchbrechen, wenn wir uns trauen, uns mit dem zu beschäftigen, was sich hinter ihr versteckt und gesehen und angenommen werden will. So werden nach und nach die Ursachen sicht- und verstehbar. Und der Schmerz kann sich lösen. - Und so, wie wir mit all dem, was wir sind (inkl. unserer Schattenseiten) in den Frieden kommen, können wir dann auch mit denen in den Frieden kommen, die wir bisher immer nur als Verursacher / Täter gesehen haben. Auch sie sind einmal Opfer gewesen, haben dieselben Erfahrungen machen müssen wie wir, hatten aber vielleicht keine Chance, ihre Mauern einzureißen. Und wer weiß, wie viele Verletzungen ich gesetzt habe, bevor ich mich auf diese Reise gemacht habe.
- So lernen wir, uns und auch den anderen zu vergeben – dann sind wir frei, um wirklich in den Frieden zu kommen.
Wo also ist Gott, während es draußen so dunkel scheint?
Genau: Er ist in uns – er hält uns aus mit all den kleinen und großen Unzulänglichkeiten, mit unseren eigenen Schatten- und Lichtmomenten, macht Licht so oft und so hell wir das aushalten. Er gibt die Hoffnung nicht auf – Warum also sollte auch ich das tun!
Ich hoffe und glaube fest daran, dass ein fried- und lichtvolles Miteinander möglich ist, wenn die alten Wunden endlich geheilt sind!
Text und Bild: © Imke Rosiejka / www.imke-rosiejka.de/2024